6.2. Ausgleich
Die Ermittlung des naturschutzfachlichen Ausgleichsbedarfes wurde nach dem Leitfaden „Bauen im Einklang mit Natur und Landschaft“, herausgegeben vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, vom Dezember 2021, wie folgt durchgeführt:
Schritt 1: Bestandserfassung und -bewertung
Maßgebend für die Erfassung und Bewertung ist der tatsächliche Zustand der Schutzgüter im Untersuchungsraum (Einflussbereich des Vorhabens bzw. Eingriffsfläche) vor dem Eingriff (Ausgangszustand). Die Schutzgüter sind Arten und Lebensräume, Boden und Fläche, Wasser, Klima und Luft sowie Landschaftsbild.
Die Bedeutung des jeweiligen Schutzgutes lässt sich anhand der wesentlichen wert-bestimmenden Merkmale und Ausprägungen in die Kategorien gering (Wertpunkte 1 bis 5 bzw. 3), mittel (Wertpunkte 6 bis 10 bzw. 8) und hoch (Wertpunkte 11 bis 15) einteilen. Die Einstufung und Vergabe der Wertpunkte (WP) erfolgt durch Zuweisung des Schutzgutes Arten und Lebensräume entsprechend seiner Merkmale und Ausprägungen zu einem der Biotop- und Nutzungstypen (BNT) gemäß Anlage 1 des Leitfadens (Biotopwertliste).
Als Eingriffsfläche werden die Flächen für Sport- und Spielanlagen festgelegt. Die interne Ausgleichsfläche wird nicht als Eingriffsfläche gewertet.
Der überwiegende Teil des Plangebietes wurde ehemals als landwirtschaftliche Fläche genutzt und zum Zeitpunkt der Begehung als Ackerbrache vorgefunden. Die Nutzungsaufgabe fand auf Grundlage von Luftbildern voraussichtlich erst kürzlich statt (max. wenige Jahre). Auf der Fläche ist das einjährige Berufskraut (Erigeron annuus) stark dominierend. Die ursprünglich aus Nordamerika stammende Pflanze zählt in Mitteleuropa als invasiver Neophyt und besiedelt u.a. nährstoffreiche Böden. Vereinzelt war auch die Goldrute festzustellen, ebenfalls ein invasiver Neophyt. Der Ackerbrache zur Straße hin vorgelagert befindet sich eine intensive, artenarme Grünlandfläche, die zum Parken genutzt wird.
Aufgrund der artenarmen Ackerbrache und dem Grünland hat der Geltungsbereich für den Natur- und Landschaftshaushalt eine geringe Bedeutung und der Ausgangszustand wird zusammenbetrachtet mit 3 WP eingestuft.
Schritt 2: Ermittlung der Eingriffsschwere
Die Eingriffsschwere wird ermittelt, indem die möglichen Auswirkungen des Eingriffs auf die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und das Landschaftsbild prognostiziert werden. Die Erheblichkeit der Beeinträchtigung ist von der Intensität des Eingriffs, also der Stärke, Dauer und Reichweite der Wirkungen und von der Empfindlichkeit der betroffenen Schutzgüter abhängig.
Bei Eingriffen in die Gruppe der Biotop- und Nutzungstypen mit einer geringen bis mittleren naturschutzfachlichen Bedeutung leitet sich die Schwere der Beeinträchtigungen (Beeinträchtigungsfaktor) ab aus dem Maß der baulichen Nutzung, welches sich überschlägig in der Grundflächenzahl (GRZ) bzw. dem Verhältnis zwischen festgesetzter Grundfläche und Größe des Baugrundstückes ausdrückt.
Im Plangebiet ist die Errichtung von insgesamt vier Tennisplätzen geplant. Die damit einhergehende Versiegelung entspricht einer GRZ (Grundflächenzahl) von 0,53.
Schritt 3: Ermittlung des Ausgleichsbedarfs und des Planungsfaktors
Vor der Ermittlung des Ausgleichsbedarfs wird geprüft, ob Beeinträchtigungen durch Vorkehrungen soweit wie möglich vermieden werden können. Soweit Vermeidungsmaßnahmen vorgesehen sind, können sie über einen Planungsfaktor durch Abschläge beim ermittelten Ausgleichsbedarf berücksichtigt werden.
Folgende Maßnahme zur Vermeidung eines Eingriffs gemäß Tabelle 2.2 der Anlage 2 des Leitfadens wird festgesetzt:
- Erhalt der Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens durch Verwendung versickerungsfähiger Beläge
- Pflanzung von neun großkronigen Bäumen als Gliederung zwischen den Stellplätzen
Aufgrund oben genannter Maßnahme zur Vermeidung des Eingriffs kann ein Planungsfaktor von 10 % berücksichtigt werden.
Der Ausgleichsbedarf berechnet sich wie folgt:
Wertpunkte BNT x Eingriffsfläche x Beeinträchtigungsfaktor – Planungsfaktor = Ausgleichsbedarf
Zusammenfassung der Ergebnisse der Schritte 1 bis 3:
Tabelle: Gesamtüberblick zur Ermittlung des Ausgleichsbedarfs
Schritt 1 | Schritt 2 | Schritt 3 | Ergebnis | ||
Bedeutung Schutzgüter, Biotop-, Nutzungstypen | Wert-punkte | Eingriffs-fläche m² | Eingriffsschwere | Planungs-faktor | Ausgleichs-bedarf (WP) |
BNT geringe Bedeutung Artenarme Ackerbrache | 3 | 3.068 | GRZ 0,53 | minus 10 % | 4.390 |
BNT geringe Bedeutung Artenarmes Grünland | 3 | 1.010 | GRZ 0,53 | 1.445 |
Es ergibt sich abzüglich des Planungsfaktors eine Summe des Ausgleichsbedarfs in Wertpunkten von 5.835.
Schritt 4: Maßnahmenkonzept
Bei der Wahl des Entwicklungszieles wird die Habitatausstattung der näheren Umgebung berücksichtigt. Aufgrund des unmittelbar östlich angrenzenden LSG „Würmtal“ wird als Entwicklungsziel ein gestufter Waldrand mit einem Strauchmantel und einem vorgelagerten Saum am Westrand definiert. Ein solcher Waldrand ist im angrenzenden Abschnitt des LSG bislang nur rudimentär ausgebildet. Wertgebend ist hierbei insbesondere die zeitliche und kleinräumige Verzahnung verschiedener Strukturen und bietet durch die Heterogenität einer Vielzahl unterschiedlicher Tierarten Rückzugsräume. Dadurch nehmen Waldränder unter dem Vorbehalt, dass verschiedenste blüten-, beeren- dornentragende Sträucher vorhanden sind, einen hohen naturschutzfachlichen Stellenwert ein. Sie können regional auch als Biotopvernetzung dienen, in dem Fall beispielsweise als Trittstein zwischen dem westlich liegenden Biotop auf einem Teilabschnitt der Würm und dem angrenzenden LSG im Osten.
Da im gegenständlichen Fall für die Ausgleichsfläche landwirtschaftlich genutzte Fläche in Anspruch genommen wird, ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen.
Im Rahmen der Planung erfolgte dies durch die Abwägung folgender Aspekte:
- Die Landwirtschaftsfläche dient gegenwärtig nicht mehr der Erzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (Ackerbrache).
- Unter Hinzuziehen der Bodenschätzung wird das gegenständliche Plangebiet als Grünland ausgewiesen mit einer Grünlandzahl, die nahezu dem landkreisweiten Durchschnittswert entspricht (Grünlandzahl Plangebiet 46; Lkr. Starnberg 45). Demnach werden keine überdurchschnittlich wertvollen Böden in Anspruch genommen.
- Aufgrund des östlich angrenzenden Waldbestandes steht die Nutzung als landwirtschaftliche Fläche insbesondere im östlichen Teilbereich im Einfluss des Waldes durch z.B. Windwurf, Beschattung und Waldaufwuchs.
Schritt 5: Bestimmung des Umfangs und Bewertung von Ausgleichsmaßnahmen
Der Ausgleichsbedarf in Höhe von 5.835 WP wird auf einer Teilfläche im Osten des Geltungsbereiches auf Fl.-Nr. 983, Gemarkung Gauting, als gestufter Waldrand mit vorgelagertem Krautsaum im Übergang zum vorhandenen Waldbestand erbracht. Das Entwicklungsziel (mesophile Gebüsche/Hecken B112) hat auf Grundlage der Biotopwertliste der Bayerischen Kompensationsverordnung eine mittlere Bedeutung auf die ökologische Wertigkeit und wird mit 10 WP eingestuft.
Das zweite Entwicklungsziel (artenreiche Säume und Staudenfluren K132 frischer bis mäßig trockener Standorte) hat auf Grundlage der Biotopwertliste der Bayerischen Kompensationsverordnung eine mittlere Bedeutung auf die ökologische Wertigkeit und wird mit 8 WP eingestuft.
Schritt 4 | Ergebnis | ||||
Ausgangszustand | WP | Ausgleichsfläche m² | Endzustand | WP | Ausgleichsumfang |
BNT geringe Bedeutung Biotopwert zw. 1 und 5 | 3 | 1.014 m² | BNT mittlere Bedeu-tung: gestufter Wald-rand, entspr. B112 mesophile Gebüsche /Hecken Biotopwert zw. 6 und 10 | 10 | 7.098 |
BNT geringe Bedeutung Biotopwert zw. 1 und 5 | 3 | 335 m² | BNT mittlere Bedeu-tung: artenreiche Säume K132 Biotopwert zw. 6 und 10 | 8 | 1.675 |
Somit ergibt sich eine Kompensationsmöglichkeit von 8.773 Wertpunkten, welche dem Ausgleichsbedarf von 5.835 Wertpunkten gegenübersteht.
Anlegen und Pflege der Ausgleichsmaßnahmen:
Der Strauchmantel ist mit mind. 9 m Breite auszuführen. In Hinblick auf eine angepasste Pflanzenauswahl ist zudem auf ein über das Jahr verteiltes Blühangebot bzw. entsprechendes Früchteangebot im Herbst / Winter zu achten. Daher wird empfohlen, neben blüten- und beerentragenden auch dornentragende Sträucher, z.B. Schlehen und Weißdorn, in ausreichender Anzahl zu pflanzen. Hasel sollte aufgrund seines hohen Konkurrenzdruckes lediglich vereinzelt gesetzt werden.
Grundsätzlich sollten mehrere Sträucher der gleichen Art in einem Gruppenverband mit unterschiedlichen Pflanzabständen gepflanzt werden, um konkurrenzschwachen Gehölzen bessere Chancen zu bieten und die spätere Pflege zu erleichtern.
Der vorgelagerte Krautsaum soll vorwiegend aus Kräutern und Gräsern bestehen und eine Mindestbreite von 3,5 m aufweisen. Es ist ausschließlich autochthones Saatgut oder Saatgutübertragung zu verwenden.
Bei der Pflege des Strauchmantels kann insbesondere im ersten Jahr das Bewässern der jungen Gehölze bei Hitzeperioden erforderlich sein. Bei Ausfällen der (jungen) Gehölze sind diese spätestens eine Vegetationsperiode später zu ersetzen. In Abhängigkeit vom Wachstumsprozess der Gehölze, jedoch frühestens 5 Jahre nach Pflanzung, ist der Strauchmantel abschnittsweise zurückzuschneiden. In den folgenden Jahren ist der Mantel auf maximal 1/3 der Länge auf den Stock zu setzen (verjüngen). Die Pflegehiebe sind alle 3-5 Jahre zu wiederholen. Ein Teil des anfallenden Schnittguts kann als Totholzhaufen auf der Fläche verbleiben, der Rest ist von der Fläche zu entfernen. Die Pflegeschnitte sind grundsätzlich im Winterhalbjahr und damit außerhalb der Brut- und Vegetationszeit (01. März bis 30. September) durchzuführen, um mögliche Verbotstatbestände nach §§ 39 und 44 BNatSchG zu vermeiden.
Der vorgelagerte Krautsaum ist alle 2-5 Jahre im Spätsommer insektenfreundlich zu mähen. Durch die Mahd wird eine Verwaldung bzw. Verbuschung verhindert und eine Verzahnung mit dem Strauchgürtel aufrechterhalten.
Da bereits auf der Fläche invasive Neophyten aufkommen, ist vor dem Anlegen der Ausgleichsfläche eine möglichst vollständige Entfernung der Neophyten erforderlich. Unabhängig von den oben genannten Pflegemaßnahmen ist zudem regelmäßig das Aufkommen von Neophyten zu prüfen. Diese sind zu entfernen.
Der Zustand der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes nach dem Eingriff ist somit auf Grund der Überkompensation gegenüber dem Zustand vor dem Eingriff funktional besser zu bewerten.